Zeichnung

Icon Zeichnung Carnet

Bei der Arbeit mit dem Bleistift ist der Übergang von der sprachlichen zur bildnerischen Kunstform fließend. Die unterwegs vernommenen Eindrücke lassen sich dann kaum mehr vom Schreiben allein vereinnahmen. Entscheidend ist dabei die Durchlässigkeit. In dem winzigsten Detail eines im Gras liegenden Blatts kann sich mit Leichtigkeit ein ganzes Kapitel einer Erzählung verbergen. Stimmen die Perspektive, die Farben, das Licht – ja, vor allem Licht und Schatten! –, wird das Blatt flugs zum Motiv. Anders gesprochen: je nachdem der Impuls leichter zur Geltung gebracht werden kann, macht der Stift, was er will!

Nach den ersten einfachen Skizzen wusste ich, dass Talent zwar nicht im Übermaß, aber doch ausreichend vorhanden wäre, um auch in dieser Übung bestehen zu können. Immer wieder staunte ich darüber, wie die gesetzten Striche sich an einem Punkt plötzlich in ein lebendiges Bild verwandelten. Also ließ ich mich darauf ein, suchte mir so manch hinterlistiges Motiv, passte dabei aber auf, mir nicht allzu viel Zeit zu lassen, um die Frische des Moments nicht durch gut gemeinte Perfektion aufs Spiel zu setzen.

Vermutlich steckte dies alles auch hinter dem mir eigenen Anachronismus, alles Erfundene, anstatt in ein Textverarbeitungsprogramm, sogleich mit dem mir angenehmsten Schreibgerät unter den Schreibgeräten, dem rostbraunen Faber-Castell, in einem Carnet zu verewigen. Vor Jahren schon entschied ich mich für den «Ärger» einer ewig stumpfen Bleistiftmine. Das Holz seines Schafts gibt den notwendigen Halt und der Graphit seiner Spitze widersteht einem allzu schwungvollen Strich. Und wo ein Nachteil, da immer auch ein Vorteil: das nicht enden wollende Spitzen der Bleistift- und Buntstiftminen lenkt ab, gibt Zeit. Lockert den manchmal zu ehrgeizigen Gedanken.

Icon Wellen der édition littorale

 


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